Emotionen

Was sind Emotionen, wie entstehen Emotionen im Gehirn? Wie beeinflussen Emotionen die Wahrnehmung und das Denken? Inwieweit lassen sich Emotionen steuern und nutzen?

Mit Emotionen werden Zustände beschrieben, die im eigenen Erleben oder im Verhalten anderer Personen beobachtet werden. Eine Zuschreibung bestimmter Emotionen erfolgt auf Grund von bestimmten Gedanken, die sich aufdrängen oder geäußert werden, sowie auf Grund von beobachteten Veränderungen in der vegetativen Regulation (Herzrate, Blutdruck, Muskelspannung, Schweiß). Emotionen lassen sich auch in bestimmten Verhaltensweisen erkennen.

Emotionen iIm engeren Sinn werden also vegetativ oder muskulär begleitet. Man spricht dann auch von „heissen“ Emotionen. Demgegenüber gibt es auh andere Gefühlsformen, die mit „heissen“ Emotionen nur indirekt verbunden sind. Dazu gehören „kognitive“ Gefühle, wie Scham oder Schuld, die in erster Linie auf einer Einschätzung der Handlungen anderer Personen beruhen (s. Perspektivenübernahme). Eine weitere Gefühlsform ist ein auf Gefühlsübertragung beruhendes Mitgefühl (s. Empathie).

Das deutsche Wort „Gefühl“ leitet sich ursprünglich vom Körper- und Bewegungsgefühl ab. Das Gefühl für den eigenen Körper wird von den Körpersinnen erfasst und ist bei Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Das Körpergefühl tritt bei überraschenden Meldungen in den Vordergrund, etwa wenn man in Ruhe merkt, dass die Muskeln angespannt sind, oder wenn nach einer körperlichen Anstrengung das Herz auch in Ruhe noch schneller schlägt (vgl. auch Aufmerksamkeit und Planen). Heute meint man mit Gefühl (feelings) vor allem den Zustand in der Selbstwahrnehmung beziehungsweise im Selbstbericht.

Sie können sich hier eine vertiefende Audio-Datei über verschiedene Facetten der menschlichen Emotionalität anhören:

Emotionen aus Sicht der Hirnforschung

In Anlehnung an ein auf Darwin zurückgehendes Konzept sieht man Emotionen funktionell als Verhaltenstendenz an. Ihre biologische Funktion ist es, Verhaltensweisen zum Beispiel von Angriff oder Rückzug vorzubereiten, unabhängig davon, ob diese in der Folge tatsächlich zum Tragen kommen. Allerdings beruhen die meisten emotionalen Veränderungen nicht auf angeborenen Mustern, sondern sind überwiegend erlernt. Nur Zustände, die üblicherweise mit Angst, Furcht, Appetit, Ekel, Lust oder Leid beschrieben werden, lassen sich auf biologisch verankerte Mechanismen zurückführen.

Emotionen, Mandelkern

Der Mandelkern liegt mitten im Gehirn. Der linke
Schläfenlappen wurde aufgeschnitten, sodass man in dessen Inneres mit Blick von oben sehen kann. Hier liegt ganz vorne der Mandelkern (Amygdala), der neben anderen Emotionen vor allem Furchtreaktionen in Gang setzt.

Bei den meisten Formen von Annäherung (Habenwollen oder Abwehren) und Vermeidung (Stress, Angst, Furcht) ist der sogenannte Mandelkern des Gehirns aktiv. Er ist insbesondere die zentrale Struktur beim Ingangsetzen und Erlernen von Furcht-, Panik- und Traumareaktionen. Der Begriff Stress wurde bereits im Kapitel über Motivation kurz eingeführt. Über Traumata und Traumafolgen können Sie in einem Video vertiefende Informationen erhalten.

Der Mandelkern verfügt über zahlreiche Nervenverbindungen in verschiedene Hirnteile, unter anderem auch in Regionen, in denen Sehinformationen verarbeitet werden. Dies ermöglicht rasches, mitunter auch vorschnelles Erkennen von Gefahrreizen oder von emotionalen Gesichtsausdrücken anderer Personen. Auch Verlustgefühle (Enttäuschung und Trauer) werden dieser Gruppe emotionaler Reagibilität zugeordnet. Positive Emotionen entstehen im „Fluss des Tuns“ (Flow) im Zuge einer erfolgversprechenden Bewältigung von Problemen. Selbstverständlich ist auch die Belohnung oder Entspannung nach einer Anstrengung mit einem positiven Gefühl verbunden.
Bedeutsam ist, dass eine vergleichbare Emotion bei verschiedenen Menschen oder auch unter verschiedenen Bedingungen einen anderen Verlauf nehmen kann. Sehen Sie dazu auch das Video über den psychoanalytischen Begriff der Abwehr.

Ein weiteres, stammesgeschichtlich altes Hirnteil ist die sogenannte Insel. Sie ist bei vielen Tieren noch in die Verarbeitung von Geruchs- und Geschmacksinformationen eingebunden, schützt damit vor ungenießbarem Essen und Trinken und bewertet den Geruch von Artgenossen. Auch beim Menschen trägt die Insel zu Missempfindungen (Ekel oder Abscheu) bei. Allerdings übernimmt die menschliche Insel auch andere Bewertungsfunktionen, so zum Beispiel bei der Beurteilung von anderen materiellen Vorteilen (Gewinn und Einbußen).
Scham und Schuld werden dagegen als erlernte soziale Emotionen angesehen. Das Mitgefühl beruht auf mehreren Mechanismen und ist Gegenstand einer eigenen Forschungsrichtung. Aktuelle Forschungsfelder sind auch die Wirkmechanismen beim Gefühl des Vertrauens oder beim ästhetischen Erleben.

Spezialthema: Affekte

Affektive Reaktionen können automatisch und rasch oder allmählich auf Grund von Gedanken entstehen. Hören Sie sich dazu eine Audio-Datei über die Rolle der Mandelkerne (Amygdala) an (Sprecherin Chris Zambo):


 
Über länger andauernde oder immer wiederauftretende Emotionen sehen Sie das Video über Stimmungen im Kapitel Motivation.

Was bedeutet Liebe für das Gehirn?

Liebe ist die starke Zuneigung zu einem Menschen, die keine Gegenleistung erwartet. Von Liebe spricht der Volksmund allerdings auch, wenn zwei Wesen an einem Ort zur gleichen Zeit in die gleiche Stimmung geraten und es zum Sex kommt. So verhält es sich seit Millionen von Jahren und so ist es auch im menschlichen Gehirn verankert. Darüber hinaus kennen wir auch Liebe ohne körperliches Begehren. Tiefe Verbundenheit zum Beispiel in Familien oder auch Formen von Geistesverwandtschaft. Wir wissen also, dass ein freundliches und mitunter selbstloses Miteinander auf verschiedenen Ebenen für alle Beteiligten nützlich sein kann. Die Fähigkeit dazu verdanken wir verschiedenen Hirnmechanismen, wie zum Beispiel verschiedener Detektoren für soziale Bewegungen und der Fähigkeit zur Übernahme einer fremden Sichtweise. Solche Hirnmechanismen ermöglichen es sogar, unsere Feinde zu lieben, was durchaus auch eigene Vorteile bringen kann.

Tipps zum Umgang mit Emotionen

Es ist gut Emotionen zu besitzen und sie zu zeigen. Wenn man durch vielfältige Tätigkeiten und soziale Kontakte ein gutes Gefühl für das eigene Reagieren und damit für den eigenen Körper entwickelt, so hilft das, mit den eigenen Emotionen gut umzugehen. Denken Sie daran, dass Ihre eigenen Stimmungen nicht nur auf Grund unbewusster Mechanismen von innen her kommen, sondern dass diese auch davon abhängen, was sie gerade konkret tun.

Starke emotionale Reaktionen anderer Personen sind oft schwer zu ertragen. Es hilft dabei, sich auf die Umstände zu konzentrieren, die die Emotion möglicherweise begünstigt haben. Die Tendenz, die Emotion zu spiegeln oder zu beantworten, muss man keineswegs völlig unterdrücken. Meist will ja das Gegenüber verstanden werden. Es ist jedoch für alle Beteiligten hilfreich, wenn die eigene Reaktion sachlich bleibt und im Hinblick auf eine Problemlösung kooperativ ist. Immer dann, wenn ein Erfolg in Sichtweite ist oder auch nur „ein Licht am Ende des Tunnels“ erscheint, stellt sich eine positive Gestimmtheit ein. Diese ist für den „Fluss des Tuns“ stets förderlich.

Buchempfehlungen zur Vertiefung einzelner Themen

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Lesen Sie mehr zur Evolutionsgeschichte der Emotionen und den beteiligten Hirnteilen. Mehr über Bedeutung und Wurzeln der Liebe aus Sicht der Gehirnforschung.

 

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Informationen zum ästhetischen Erleben.

 

buch3_lernen_spitze
Wie Emotionen beim Lernen
helfen können.

 

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Wie Liebe die Leistungsfähigkeit des Gehirns im Alter fördert.

 


Hier erfahren Sie Einzelheiten zu den neurologischen Grundlagen von Emotionen und Moral.

 

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